Großforschung
Eine Vielzahl spannender Forschungsfragestellungen bedarf der Nutzung von Großforschungseinrichtungen. Unser Institut kombiniert Röntgenstreumethoden im Labor gezielt mit Messungen an Synchrotronstrahlungs- und Neutronenquellen, um Eigenschaften moderner Funktionsmaterialien zu verstehen, aber auch um Grundlagenforschung zu betreiben. Hierfür reisen kleine Teams von zirka drei Personen für einige Tage an die Großforschungseinrichtung. Quellen, welche wir häufig in unserer Forschung nutzen, sind in der Weltkarte oben dargestellt.
Neutronenquellen | Synchrotronquellen |
FRM-II, München, DE | PETRA III, Hamburg, DE |
ILL, Grenoble, FR | BESSY, Berlin, DE |
SINQ/PSI, Villigen, CH | ESRF, Grenoble, FR |
ISIS, Oxfordshire, UK | SLS/PSI, Villigen, CH |
SNS/ORNL, Knoxville, USA | DLS, Oxfordshire, UK |
OPAL/ANSTO, Sydney, AUS | APS, Chicago, USA |
NSLS-II, Brookhaven National Labs, Long Island, USA |
Außerdem betreibt unser Institut zwei Einkristallneutronendiffraktometer an der Neutronenquelle FRM II des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums (MLZ) in Garching, HEiDi und POLI.
Die Gründe für die Nutzung von Synchrotrons und Neutronenquellen sind vielfältig. Ein paar Beispiele:
Die hohen Flüsse und die hohe Brillanz von Synchrotronstrahlungsquellen/Free Electron Lasern erlauben eine hohe Zeitauflösung für in-situ und operando Messungen in der Katalyse oder der Untersuchung von Energiematerialien, der Partikelbildung und Kristallisation, oder des Materialverhaltens unter äußeren Einflüssen (Temperaturen, Druck, Scherung, etc.). Auch können kleine Streusignale von gering konzentrierten Phasen, Grenzflächenrestrukturierung oder Defekten detektiert werden durch sehr gutes Signal-Rausch-Verhältnis am Synchrotron. Neutronen bieten den Vorteil, dass sie besonders gut mit leichten Elementen wie H, D, C oder Li wechselwirken, weshalb sie detailreiche Einblicke in weiche Materie (Proteine, Polymere), aber auch z.B. Lithium-Ionen-Batterien erlauben. Da die Neutronen mit den Atomkernen wechselwirken, kann durch die gezielte Verwendung von Isotopen (z. B. D statt H) das Streusignal beeinflusst werden, um beispielsweise strukturelle Untereinheiten zu identifizieren. Die Kontrastvariation der Neutronen erlaubt darüber hinaus bei Mischkristallen mit benachbarten Elementen im Periodensystem auf gleichen oder verschiedenen Lagen eine genaue Bestimmung ihrer rein statistischen oder modulierten Verteilung. Das magnetische Moment der Neutronen liefert vergleichbare Streuintensitäten wie die nukleare Streuung, so dass sich magnetische Ordnung besonders leicht erfassen lässt. Durch die Verwendung polarisierter Neutronen kann dies besonders präzise erfolgen. Beugungsuntersuchungen unterhalb von 10 K sind aus technischen Gründen mit Röntgen- bzw. Synchrotronquellen nicht realisierbar, während wegen der höheren Transmission Neutronenbeugung standardmäßig bis in den einstelligen Kelvin-Bereich, in vielen Fällen sogar in den mK-Bereich möglich ist.